zur Navigation

Bericht 1: Seerosensorten aus Wuppertal: 'Potzblitz' und 'Alibaba'

Wassergarten- Journal, Ausgabe 20, Winter 2002

 

- Neue und alte Seerosen, meine Erfahrungen als Seerosenfreund und Seerosenzüchter -

Meine Geschichte zu Seerosen beginnt mit der Anlage meines ersten kleinen Gartenteiches im Jahre 1981.

Nach ausgiebigen Überlegungen sollte eine 'Laydekeri Purpurata' die Wasserfläche zieren. In Solingen wurde ich bei Herrn Peter fündig. Später stellte sich dann heraus, dass meine erste Seerose wohl eher eine 'Froebeli' ist.  

Knapp 20 Jahre später hatte ich die Gelegenheit einen großen Teich anzulegen und er bot für ca. 20 Seerosen Platz. Petrowsky`s Buch "Seerosen für den Gartenteich" half mir bei der Auswahl der Sorten. Dann ging es an die Beschaffung der Pflanzen. Bei der Firma Oldehoff kaufte ich 'Escarboucle' (mäßiger Blüher), 'Pygmaea Alba' und 'William Falconer'. Bei einem Besuch in Hameln verkaufte man mir in der Gärtnerei Junge eine 'Rosennymphe', eine 'Hermine' (ist eher keine!) und nach langen Verhandlungen auch eine 'Fritz Junge'. Herr Peter besorgte mir 'Firecrest', 'James Brydon', 'Rose Arey' und andere. Über Bekannte erhielt ich 'Masaniello' und 'Pöstlingberg'. Einige Sorten verfaulten auch. Schlechte Erfahrungen habe ich mit 'Sioux', 'Indiana' und 'Berthold' gemacht .

Von den älteren Züchtungen sind 'James Brydon' wegen ihrer Farbe und Reichblütigkeit und 'Fritz Junge' wegen ihrer Blütenform meine Lieblingssorten.

Aus der Literatur war mir bekannt, dass Seerosenzüchtungen meist steril sind. Deshalb war ich 1996 sehr erstaunt, als meine 'Firecrest' Fruchtknoten bildete. Herr Peter wollte mir nicht glauben und das Gespräch ergab, wohl etwas Besonderes zu besitzen. Herr Peter berichtete mir auch von den, tollen neuen Züchtungen aus Amerika. Er hatte gerade eine dieser begehrenswerten Sorten erhalten. Wir wurden uns schnell einig und tauschten Ableger.

Im Laufe der nächsten Jahre kaufte ich dann noch weitere amerikanische Sorten bei Herrn Wachter und Eberhard Schuster hinzu.

Nach genaueren Beobachtungen stellte ich fest, dass nicht nur 'Firecrest' Samen bildet, sondern auch 'Rose Arey', zuweilen auch 'Fritz Junge' und mein Tauschobjekt, das ich als 'Perry`s Fire Opal' bestimmt habe.

'P.Fire Opal' ist eine meiner Lieblingssorten mit einer tollen Farbe. Jede Blüte ist ein Erlebnis. Sie ist nach meinen Beobachtungen ausreichend winterhart.     

Die 30 Zufallssämlinge aus 'Firecrest' waren nicht wirklich überzeugend und ich habe nur zwei Pflanzen behalten.

Im Jahr 1998 begann ich, gezielt Seerosen zu bestäuben. Ein Fruchtknoten bildet zwischen 2 -70 Samen. Meist binde ich Plastikbeutel um die Fruchtknoten, damit ich (und nicht die Enten!) die Samen ernten können. Einige Sorten bilden nur "taube" Fruchtknoten.

Ende August oder im September, meist direkt nach der Ernte, säe ich die Samenkörner in Blumenkästen mit ca. 4 cm lehmiger Erde aus. Dann fülle ich Wasser nach. Im April oder Mai des kommenden Jahres keimen die Samen im Gewächshaus, oder im Februar auf der Fensterbank im Haus. Bei einem konstanten Wasserspiegel von 2 - 4 cm Höhe entwickeln sich die Keimlinge schnell. Sie bilden erst mehrere Unterwasserblätter, bevor sich das erste Schwimmblatt zeigt. Wenn die Jungpflanzen im Juni zwei bis drei Schwimmblätter gebildet haben, beginnt die Auswahl und das umpflanzen in 9x9 cm Blumentöpfe. In meinem kleinen Gewächshaus stehen acht Maurerkübel mit Wasser, in die ich die Töpfe dann einsetze.

Die Selektion der Seerosenhybriden nehme ich intuitiv vor, meist nach Wüchsigkeit, Blattform und Färbung der Sämlinge. Mittlerweile glaube ich einen Zusammenhang zwischen Blatt- und Blütenform feststellen zu können. Nach meinen Beobachtungen bilden Seerosen mit weit geöffneten Blatteinschnitten strahlenförmige Blüten. Überlappende Blatteinschnitte sind meist ein Zeichen für kugelförmigen Blüten. Aber diese Erkenntnis ist wohl nicht neu.

Bis zur ersten Blüte vergehen bei starkwachsenden Jungpflanzen zwei Jahre, meistens drei. Dann pflanze ich die Seerosen in 10 Liter Maurereimer und setze sie in meinen Anzuchtteich. Häufig pflanze ich sie auch in Maurerkübeln im Garten aus. Nach einem weiteren Jahr entscheide ich, ob es sich lohnt diese Seerose weiter zu kultivieren.

Mein Züchtungsziel sind Sorten mit einer langen Öffnungszeit der Blüten, möglichst reich und lange blühend in einer neuen Farbe. Die Blütenform ist mir eher egal, wobei mir große, sternförmige Blüten besonders gut gefallen.

Die meisten meiner Seerosenzöglinge entsprechen in etwa den Mutterpflanzen, häufig mit rosa Blüten und stellen keine Verbesserung dar. Sie wandern dann auf den Kompost, oder sind ein Geschenk an Gartenfreunde. Aber manchmal bin ich auch freudig überrascht!

 

N. 'Potzblitz'

                 

Sie ist eine Auslese aus 'Perry`s Fire Opal' x 'Wow'. Sie wächst seit Mai in ca. 30 -35 cm Wassertiefe in meinem großen Teich. Sie hat den Winter 01/02 in einem Maurerkübel im Garten überlebt und fiel mir durch eine frühe Blatt- und Blütenbildung auf. Ihre Blüte bleibt an normalen Sommertagen im Mai/Juni bis ca. 23.00 Uhr weit geöffnet und schließt auch nachts nicht ganz. An sehr heißen Tagen im August, mit Temperaturen über 30 Grad, schließt sie abends ihre Blütenblätter, wobei die Kelchblätter offen bleiben. Jede Blüte ist anders und vom Wetter abhängig. Insbesondere die Blüten im Juni begeisterten mich. Die inneren gelben Staubblätter von 'Potzblitz' wuchsen riesig und geben dieser Seerose eine besondere Note. Bisher kenne ich keine Sorte mit einem solchem Blütenbild! Die Blüte wirkt mehrfarbig pink-rosa-gelb, da die inneren Blütenblätter generell heller ausfallen. 'Potzblitz' duftet angenehm nach Anis und hat stark löffelartig geformte Blütenblätter. Der Durchmesser der Blüte beträgt ca.12 bis 14 cm. Sie hat gesunde grüne Blätter mit einem Durchmesser von ca. 22 cm und ist so blütenreich wie 'P. Fire Opal'. 'Potzblitz' ist eine sehr fertile Odorata und eignet sich als Mutterpflanze für weitere Kreuzungen. Sicherlich ist eine endgültige Beurteilung im ersten Blütenjahr noch zu früh und ich werde sie weiter kritisch beobachten.

 

N. 'Alibaba'

               

Diese Sorte stammt aus einer Kreuzung 'Fritz Junge' x 'William Falconer' (nur 2 Samen). 'Alibaba' ist extrem blütenreich. Sie hat in diesem Jahr trotz der eingeschränkten Platzverhältnisse in einem 15 Liter Eimer über 25 Knospen getrieben. Von allen meinen kultivierten Sorten bildet sie die meisten Blüten. Das Verhältnis von Blatt- zu Blütenbildung ist annähernd 2 zu 1. Sie blüht nach meinen bisherigen Beobachtungen ohne Pausen. Die Blüte ist ca.12–14 cm groß und hat eine dunklere Farbe als 'Fritz Junge'. Die Blätter sind ca. 25 cm groß, mit einer weiten Öffnung der Blatteinschnitte. Ich experimentiere noch mit der geeigneten Wassertiefe. Die Blüten- und Blattstiele wachsen sehr lang und die Blüte schwimmt bei 30 cm Wassertiefe häufig schräg und weit außerhalb. Ich denke, dass sie wie 'Fritz Junge' eher für Wassertiefen um 60 cm geeignet ist. Die Öffnungszeit der Blüte ist normal, sie schließt abends. Der Ausbreitungsdrang von 'Alibaba' ist gering. Zur weiteren Beobachtung und Eigenbewertung habe ich einen Ableger in meinen großen Teich eingesetzt.

Aus verschiedenen Züchtungen habe ich noch ca. zehn weitere Seerosen selektiert, die mir gut gefallen. Drei davon möchte ich hier zeigen.

Durch den Zukauf weiterer fertiler winterharter Sorten, hoffe ich meine Züchtungsversuche bereichern zu können.

Die Samen eines Fruchtknotens sind nicht gleich. Sie sind bei genauer Betrachtung in Größe, Form und Farbe unterschiedlich. Ich frage mich, ob man von diesen Unterschieden bereits Schlüsse auf die späteren Pflanzeneigenschaften ziehen kann. Ergeben spitze Samen Pflanzen mit einer sternförmigen Blütenform? Bilden große Samen starkwüchsige Sorten?       

Als Berufstätiger und Hobbygärtner fehlt mir die Zeit für eine intensivere Züchtungsarbeit und Pflanzenbeobachtung. Die blütenfressenden Enten geben mir den Rest!

Ich gebe mir viel Mühe mit der Kennzeichnung der Fruchtknoten, aber ich kann nicht ausschließen, dass es auch zu Irrtümern kommt. So kann es möglich sein, dass eine Blüte bereits durch Insekten bestäubt wurde, bevor ich tätig wurde. Denn fertile Seerosen bilden auch ohne mein zutun Fruchtknoten. 'Potzblitz' ist zum Beispiel heller in der Farbe als 'P. Fire Opal' und erst recht heller als 'Wow'. Ist das bei einer Kreuzung möglich? Oder ist 'Potzblitz' eine Zufallskreuzung durch ein Insekt? Andererseits zählen für mich in erster Linie die Ergebnisse: "das Neue", "das Andere", "das Besondere". Aber es kommt nach meiner bisherigen Züchtungserfahrung eben recht selten vor, dass der Apfel weit vom Stamm fällt. Nur 2-3% der Sämlinge lohnen sich zur weiteren Kultivierung und Beobachtung.

Interessant finde ich die Anpassungsfähigkeit mancher Jungpflanzen. Vor vier Jahren säte ich einen Fruchtknoten von 'Firecrest' in einem Balkon-Blumenkasten aus. Von ca. 60 Keimlingen selektierte ich die starken Pflanzen und überließ den Rest sich selbst. Zeitweise füllte ich Wasser nach, schenkte den Pflanzen aber keine weitere Aufmerksamkeit.

In diesem Jahr blühte eine Seerose bei 5 cm Wassertiefe in 4 cm hoher Erde. Ist dies nun eine "Miniaturzüchtung", eine Seerose im Taschenformat? Ich glaube eher nicht. Meine erste N. 'Pygmaea Alba' kümmerte auch spärlich in 10 cm Wassertiefe und blühte dann bei 40 cm Wassertiefe richtig auf. Aber ich werde "Minnimaus" weiter beobachten und habe sie nicht kompostiert.

Für mich stellt sich die Frage, ob es sinnvoll ist, sich auch auf schwach wachsende Keimlinge zu konzentrieren. Oder brauchen "Nachzügler" nur länger um groß zu werden und haben dann unbefriedigende Eigenschaften? Mit welchen fertilen Pflanzen ist es möglich, kleine Seerosen zu züchten?

Probleme bereitet mir mittlerweile auch der Mangel an Wasserflächen. Dadurch bin ich gezwungen, meine Sämlinge noch rigoroser auszuwählen. Ca. 100 Jungpflanzen warten darauf umgepflanzt zu werden.      

Wer in Deutschland betreibt noch Züchtungsarbeit und wünscht sich einen fachlichen Erfahrungsaustausch oder eine Zusammenarbeit? Langfristig habe ich ein Interesse an der fachlichen Beurteilung und Bewertung meiner Züchtungen. Gibt es eine Bewertungskommission für Seerosen? Wer ist Ansprechpartner? Vorausgesetzt meine Neulinge taugen was, wie vermarkte ich meine Züchtungen als Hobbygärtner ohne Gewerbe.

Großartig und informativ finde ich das Buch von Karl Wachter, "Seerosen", mit seinen ausführlichen Sortenbeschreibungen und genauen Kreuzungsangaben. Das Buch hat mir geholfen, einige meiner Seerosensorten neu zu bestimmen. Es hat mir darüber hinaus aufgezeigt, welche Sorten fertil sind und indirekt Mut gemacht, neue Kreuzungen auszuprobieren. Ich hoffe, "manchmal ist mehr drin, als man denkt", denn ich kann in meinem winterkalten Gewächshaus ohne Heizung keine tropischen Seerosen als Kreuzungspartner kultivieren.

Mit herzlichen Grüßen 

Dieter Bechthold

zurück